Samstag, 17. Dezember 2011

Der gut sitzende BH

Was bringt den besten Maßschneider zur Verzweiflung? Eine Kundin, die bei einem offiziellen Anlass einen anderen BH anzieht als denjenigen, mit dem sie zu den Anproben gekommen ist.
Hier ein paar Fotos von einer bekannten Dame, deren Kleidung in Maßateliers gefertigt wird. Bei welchem Outfit hat sie in der Früh zum falschen Darunter gegriffen?


Auflösung: bei dem goldenen Doppelreiher, der blauen und der violetten Jacke. Beeindruckend, nicht wahr? Der falsche BH führt zu klaffenden Knopfleisten und Spannungsfalten zwischen Armloch und Oberweite. Die Gesamterscheinung wird schlampig und plump. Sowas hat doch keine Frau nötig! Bei der beigen und der grauen Jacke hingegen passt alles.

Naja, auch nicht alles, aber an diesen Katastrophenärmeln ist nicht die Trägerin, sondern der Schneider schuld. Der Vergleich macht sicher: hier ein wahres Meisterwerk englischer Provenienz.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Die Mühlen der Bürokratie

.... mahlen langsam (und vielleicht auch gerecht). Nachdem der Firmenbuchauszug da war, konnte ich zwar alle fehlenden Formalitäten erledigen, aber die endgültige Verständigung vom Gewerbeamt daaauuueeeert wieder. Seufz. Wenigstens habe ich keine Stolpersteine mehr zu befürchten.
Jaja, der österreichische Beamtenstaat. Da verstehe ich schon, dass die Wirtschaftskammer immer jammert, Österreich sei unternehmerfeindlich. Das ist zwar eine rhetorische Übertreibung, aber ich war immer wieder überrascht, wie lange alles gebraucht hat. Alles in allem mit Einspruch mehr als acht Monate.
Aber nun die gute Nachricht: es ist vollbracht. Ab 1.11.2011 bin ich offiziell Gewerbetreibende!
Zur Belohnung für alle kurvigen Kundinnen und für mich selbst ein Stück original Sachertorte mit Schlag.
Und für die eckigen unter uns, bzw. diejenigen, die um Süßes eher einen Bogen machen, einen Tafelspitz von Plachutta.

Samstag, 8. Oktober 2011

Mein Inkognito wird obsolet

Nachdem ich gestern meine Firma "Lingerie Design Boll e.U." beim Handelsgericht eintragen ließ, ist es Zeit, meinen Nick zu ändern und mein Inkognito zu lüften.
Ich heiße Barbara Boll, lebe in Wien, bin im Hauptberuf Gymnasiallehrerin - und den Doktorgrad aus meinem neuen Nick trage ich wirklich. Nach meinem ersten Studium war ich Ensemblemitglied im Serapionstheater, anschließend Sängerin im ORF-Chor, und bin nach der Auflösung des Chors (es folgen schlimme Verfluchungen der Verantwortlichen) in der Schule gelandet. Daneben habe ich weitere Studien absolviert, mich als Radiomoderatorin und Zeitungskritikerin versucht, einen kleinen Musikverlag geleitet und mich als Abgeordnete für die Grünen in Wiener Bezirksparlamenten um Verkehrs-, Stadtplanungs- und Budgetangelegenheiten gekümmert. Nebstbei bin ich weiterhin freiberufliche Sängerin und Gesangspädagogin.
Ihr seht also, dass ich schon eine Menge Spaß hatte und vor Neuem nicht wirklich zurückschrecke......

Zur Schneiderei kam ich über meine Großmutter, die sie noch in der Bürgerschule erlernt hatte. Sie zeigte mir die grundlegenden Techniken, schenkte mir Stoffe zum Ausprobieren und hütete als Burda-Abonnentin einen Goldschatz an Schnitten. Sie hatte auch die Nerven, meine mangelhaften Erzeugnisse zu loben, die ich voller Stolz trug, obwohl sie ihren Vorstellungen von Damenhaftigkeit und Tadellosigkeit heftig widersprachen. Ihr verdanke ich definitiv meinen Sinn für Qualität und Passform.

Meine selbstgenähten Klamotten wurden mit den Jahren und der Erfahrung zwar besser, aber der entscheidende Entwicklungssprung waren meine Jahre im Serapionstheater. Dort löcherte ich die Schneider bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Fragen, schaute ihnen über die Schulter und probierte unter ihrer Anleitung neue Tricks, Techniken und Handgriffe aus. Vielen Dank an Jürgen Meisolle (heute Theater Kiel), Marie Heitzinger (heute "beim Film") und Eberhard von Knobloch (heute selbstständig). Außerdem an meine MentorInnen Hellmut Krepp (heute pensioniert), Patricia Delzo de Edelmayer und Beate Pedarnigg (ehemals Österreichische Bundestheater, jetzt Arbeitskollegin von mir).

Als schließlich vor einigen Jahren die Produktion meines Lieblings-BHs eingestellt wurde, griff ich zur Selbsthilfe und begann mich auf Dessous-Schneiderei zu spezialisieren. Zuerst mit zerlegten Industrie-BHs und gekauften Schnitten, später mit von mir selbst entwickelten Schnitten. Zuerst für mich selber, dann für meine Schwestern und schließlich für Versuchskaninchen aus meinem Freundinnenkreis.
Den Rest kennt Ihr: Ansuchen um "Feststellung der individuellen Befähigung", Bauchfleck in der ersten Instanz, Einspruch, dann Begutachtung durch die Innungsmeisterin, jetzt die behördliche "Feststellung", die Eintragung ins Firmenbuch und in circa zwei Wochen die endgültige Gewerbeanmeldung.

Ich hoffe jedenfalls, dass die ersten Kundinnen nicht ebenso lange auf sich warten lassen wie mein Antrag gebraucht hat. Oder die ersten Kunden, denn ich darf in Zukunft auch Dessous für Herren erzeugen!

Eure vor Tatendrang platzende
Frau Dr. Boll

Donnerstag, 1. September 2011

Geschafft!

Heute, sieben endlose Monate nach meinem Erstantrag, fand in der Landesinnung für Mode und Bekleidung endlich eine Überprüfung meiner BH-Näh-Kenntnisse und -Fähigkeiten statt. Und ich darf gleich mal verraten: es sieht sehr gut aus.
Angenehmerweise fand "nur" ein Fachgespräch statt, das heißt: ich musste nicht vor den Augen der Innungsmeisterin Patrizia Fürnkranz-Markus auf Maschinen der Innung arbeiten, sondern ich nahm fertige BHs, Stoffe und Spitzen mit, die wir besprachen.
Es sind jetzt schon zwei Jahre, dass ich mich in die Materie "Maß-BHs" vergrabe und meine Technik verbessert sich mit jedem Stück. Daher habe ich in den letzten Tagen einen BH für mich angefertigt, bei dem ich jeden kleinsten Fehler auftrennte, damit ein makelloses Ergebnis zustande kam. (Wenn ich für mich selbst arbeite, bin ich da normalerweise toleranter........)
Hier ist also mein nachtblau-rotes Meisterstück:


Wagemutig, wie ich bin, zeige ich Euch nicht nur eine Nahaufnahme der Nähte von außen, sondern auch von innen. Ich bin wirklich zufrieden.
Frau Fürnkranz-Markus war erstaunt, dass man sowas mit einer Haushaltsmaschine hinkriegt, worauf ich ihr nur eine Erklärung bieten konnte: Bernina-Qualität.
Vor einem halben Jahr kaufte ich diese Maschine, die älter ist als ich selber, eine 530-2 Record, zwar elektrisch, aber ansonsten vollmechanisch. So was von hochpräzise habe ich noch nicht erlebt! Vollkommen gleichmäßige Nähte!
Wenn ich Stichlänge 2 mm einstelle und
anschließend 2,2 mm, ist der Unterschied genau zu erkennen. Auch die Zickzackbreite von einem halben Millimeter ist genau zu sehen.
Den Füßchendruck brauche ich nicht einmal bei elastischen Stoffen zu verändern und die Stoffschichten verschieben sich trotzdem kaum gegeneinander. Außerdem zerbricht nicht einmal die dünnste Nadel, während ich auf meiner Toyota 2600 (ein Spitzenmodell in den 1980er Jahren, als ich sie kaufte) pro BH mindestens eine schrotte. Rückwärtsnähen und dickere Stofflagen sind da die Todesfallen, obwohl die Maschine erst kürzlich von Aisin gewartet wurde.
Naja, steig ich halt auf die Bernina um, die eigentlich als meine Reservemaschine gedacht war, und nehme die Toyota, wenn die Bernina beim Service ist.

Zurück zum Fachgespräch: wir besprachen eigentlich alles. Verarbeitungsprobleme, Dehnungsverhalten, schnittechnische Herausforderungen, Geschäft, Werbung, Vernetzung, Kunden, meinen Weg zum BH-Schneidern usw. Theoretisch hätte es ja sein können, dass sie meint: was will die, sie hat ja nicht einmal eine Lehre gemacht. Aber sie war wirklich fair und hat die Qualität meiner Arbeit mehrmals gelobt. Großes Danke.
Außerdem ein großes Danke an den Geschäftsführer der Innung, Herrn Walter Grössinger. Er hat mir in einigen Telefonaten Mut gemacht, als es nach einem gewerbrechtlich hoffnungslosen Fall aussah. Danke, danke, danke!
Jetzt warte ich noch auf den Gewerbeschein und dann kann mich nichts mehr halten. Wien, oder besser: Welt, ich komme!

Donnerstag, 28. Juli 2011

Passform, Passform, Passform

Meine Lieben,

nachdem Martina mich direkt darauf angesprochen hat, möchte ich mal ein Lob auf gut sitzende Kleidung loswerden.
Dazu wieder einmal ein Bilderrätsel. Wer dieser Herrschaften trägt Maßgeschneidertes?








Auflösung:
Coco Chanel, Jeffrey Diduch (der Herr ohne Kopf), Tippi Hedren und Hedy Lamarr (lasst Euch nicht von den voluminösen Ärmeln irritieren!)

Sandra Maischberger, Tom Ford und Candice Bergen alias Shirley Schmidt tragen Sachen, die nicht oder schlecht an ihre Körper angepasst wurden. Diese schlagen Falten, die weder durch Schulter- (wie bei Chanel) noch durch Armhaltung (wie bei Hedren und Lamarr) bedingt sind, sondern ganz einfach durch einen Schnitt, der nicht zum Körper passt. Also durch schlechte Passform.

Bei Maischberger und Bergen machen sowohl die Ärmel als auch die Oberweite Probleme, obwohl diese Ladies mit schlanken Figuren gesegnet sind. Und Tom Ford sieht aus, als ob er seit dem Anzugkauf 10 Kilo zugenommen hätte: Spannungsfalten an der Ärmelkugel, um die Taille, in den Ellbogen und im Schritt. Aus irgendeinem Grund hat er ein Faible für diesen Knackwurst-Stil, denn fast alle Fotos zeigen ihn so.

Jeffrey Diduchs Anzüge hingegen sind ein Musterbeispiel für englische Maßarbeit: körpernah geschnitten, ohne jegliche Spannungsfalten und mit makellosem Fall. Ebenso die Jacken von Hedren und Lamarr. Den absoluten Höhepunkt stellt für mich aber der Ärmel von Chanels Kostümjacke dar. Diesen so hinzukriegen, dass er auch bei leicht gehobenem Arm keine Falten schlägt - das zeugt von hoher Schneiderkunst.


Montag, 11. Juli 2011

Schlank und straff in Nullkommanix

Frauliche Figuren haben's seit den 1970er Jahren schwer. Üppige Vorbauten wie die von Sophia Loren, Gina Lollobrigida, Elizabeth Taylor oder Jane Russell liegen definitiv nicht im Trend - Twiggy und den Machern von weiteren Magermodels sei "Dank".
Die Bekleidungsindustrie ist daher für Frauen jenseits eines B-Körbchens ein einziges Problemfeld. Entweder man akzeptiert formlose Oberkleidung, bei der die Passform egal ist, oder man greift zu Stretchteilen und hofft, dass sie nicht allzu viele Falten schlagen.

Und wie sieht die Lösung der Dessousindustrie aus? Wegschnallen, wegdrücken, verstecken. Ganz wie in den Roaring Twenties oder der griechischen Antike, als ein Knabenkörper den Gipfel der Schönheit darstellte.

Nachfolger dieser Brustbinden nennt man heutezutage Minimizer oder Entlastungs-BHs, und sie wurden entworfen, um größere Oberweiten zu kaschieren. (Wobei laut Wikipedia schon ein BH ab 70C als größer gilt! Absurd!) Sie drücken das Brustgewebe zusammen und nach oben, damit der Balkon möglichst wenige herausragt. Entsprechend unansprechend schauen diese Folterinstrumente auch aus: Der Stoff reicht bis unter das Kinn, sodass der größte Asset einer üppigen Oberweite ganz sicher nicht gesehen werden kann: ein schöner Busen. (Merke: Busen ist die Bucht zwischen den Mädels.)

Dabei gibt es einen ganz einfachen Trick, um üppige Oberweiten schön hinzukriegen: die Verlegung des Brustpunkts. Aus dem Webarchiv von Beverly Johnsons Blog konnte ich die folgende Grafik retten, die das Prinzip hervorragend zeigt:

Links oben die Realität der Industrie-BHs. Durch das Gradieren wandert nicht nur das Volumen der Körbchen auseinander, sondern auch der Abstand der Brustspitzen.  Ergebnis: eine breeeiiiite Oberweite.

Links unten dieselbe Brust mit einwärts platzierten Brustpunkten. Sieht doch appetitlich aus, oder? Wenn die Brustspitzen zudem noch etwas angehoben werden, dann ergibt das die Optik einer festen, jugendlichen Brust. Ganz ohne Gewalt, Operation oder Diät.

Aber es muss gewarnt werden: frau wird immer pingeliger und landet irgendwann bei maßgefertigter Oberbekleidung. Den wer möchte sich schon den frisch "gestrafften" Busen durch schlecht sitzende Blusen oder Jacken verpfuschen lassen......

Samstag, 2. Juli 2011

Meisterwerke des "Geschmacks"

Eine Achillessehnenoperation hat mich die letzten Wochen zu Untätigkeit gezwungen, weshalb ich endlose Tage auf meiner Couch verbrachte und dabei einige spannende Stunden vor meinem Televisionsgerät erlebte. Unter anderem folgende Vorher-Nacher-Verwandlung einer jungen Frau.
(Bitte entschuldigt die Qualität der Bilder. Ich habe die Wiederholung der Sendung aufgenommen und daraus Screenshots angefertigt.)


Links oben das Original, rechts das Outfit, mit dem die Kandidatin nach Hause entlassen wurde. Ich bin fast von der Couch gerollt vor Fassungslosigkeit. Konnte man dem Mädel keinen besseren BH verpassen als diese Hängematte? Unten der besonders grausame Vergleich mit einer Dekopuppe. Höhenunterschied der Brustpunkte ca. 15 cm.


Aber es ging noch besser. Von diesem Kleid meinte die Stylistin, es modelliere "eine weibliche Silhouette" und könne in Kombination mit einem Blazer "ein wunderschönes Outfit .... für eine Hochzeit" sein. Vermutlich, weil die Trägerin auf keinen Fall der Braut die Schau stielt....


Sind das nicht unglaubliche Proportionen? Der Busen hängt in der Taille und zum Ausgleich verlängert der kurze Ausschnitt den Abstand vom Hals zur Brust? So teilt die Brustlinie den Oberkörper nicht in der Hälfte, sondern im unteren Viertel. Man kann sich nur die Augen reiben vor Verwunderung. Aber eigentlich hätte man schon Schlimmes vermuten können, denn mangelnde Passform stört die Stylistin nicht einmal bei ihren eigenen Klamotten:


Seit wann eigentlich lassen sich Frauen mit solch schlechter Qualität abspeisen? Sollten wir nicht viiiiiel wählerischer sein?

Sonntag, 22. Mai 2011

Schnitt und Material

Dreimal derselbe Schnitt, drei verschiedene Materialien und zwei Anlässe zur Selbstkritik. Beginnen wir mit einem Bilderrätsel: welcher dieser drei BHs sitzt am besten?

 Links eine Nettigkeit aus perlweißem Lycra mit rostroter Elastikspitze, rechts auberginefarbener Elastik mit rosenholz-farbener Textronikspitze, unten champagner- farbener Miederstoff mit Tüllspitze.

Naaaa? Richtig: es ist der champagnerfarbene (seufz, die Kamera.....).
Bei dem rot-weißen BH bilden sich seitliche Zugfalten und bei dem auberginefarbenen erscheinen Querfalten in der Mitte, nur der champagnerfarbene sitzt makellos. Oder in den Worten der Trägerin: man spürt ihn überhaupt nicht. Ein schöneres Kompliment gibt es nicht für eine Dessousmacherin.

Diese Freundin kostete mich einiges Kopfzerbrechen, weil ihre Maße völlig von der industriellen Norm abweichen. Sie hat breite Schultern, einen breiten Brustansatz, aber eine relativ geringe Oberweite. Seit Jahren/Jahrzehnten findet sie keinen passenden Kauf-BH und behilft sich damit, dass sie aus einem Nahtlos-BH von Intimissimi sofort nach dem Kauf den Bügel entfernt. Beim Gedanken an einen Bügel-BH kriegt sie verständlicherweise sofort die Panik. Daher bin ich mächtig stolz darauf, dass ich ihr doch noch einen Schnitt konstruieren konnte, der passt und eine wirklich süße Oberweite zaubert. Mit Bügel.

Neu war für mich die Erfahrung, dass auch ein gut sitzender Schnitt unter Umständen noch einmal angepasst werden muss, wenn man andere Stoff- oder Gummiqualitäten nimmt. Liebe M., danke für Deine Geduld. Zum nächsten Geburstag gibt es noch bessere Ergebnisse.




Übrigens: ist es nicht eine nette Idee, so einen schönen Spitzenträger unter einer Bluse ordentlich durchblitzen zu lassen?

Montag, 16. Mai 2011

Herzeigen oder verhüllen?

Kleidung für Mollige gibt es in zwei Denkschulen: entweder in Wallawalla verhüllen oder mutig die Kurven zeigen. Hmm, schwer zu erraten, was ich bevorzuge......?

Wallawalla sieht ja recht hübsch aus an der deutschsprachigen Durchschnittsgröße 42 (links; Dank auch an Stylist, Fotograph und Fotoshop von Ulla Popken), aber wehe, wenn wirklich mollige Frauen diese Entwürfe tragen. Der reinste Büßerstil in Sack und Asche.
Aber Säcke sind natürlich einfach zu produzieren, weil da ohnehin niemand  eine gute Passform erwartet. Und zu gradieren sind sie ja auch noch so einfach.

Da lobe ich mir alle körperbetonten Kleidungsstile angefangen vom Dirndl über Maßkostüme bis zu den großen Galaroben, wie sie die afroamerikanischen und die Latinadiven so wunderbar vorführen. Und schaut mal, was für einen Unterschied maßgefertigte Kleidung samt Drunter macht:

Links die übliche Ballschönheit im Bustierkleid von der Stange. Zeigen Sie eine typische Handbewegung. Wetten, das ist das Hochziehen des verrutschten Bustiers? Überrascht auch nicht wirklich, weil dieses Kleid nur an der Hüfte Halt findet. Die Oberweite ist weder abgeformt noch gehoben, die Unterbrustweite und die Taille sitzen überhaupt nicht und bilden daher diese Ziehharmonika-falten. Dafür haben sich trotz ausgestellten Rocks Plissees in der Leiste gebildet. Das muss man mal zusammenbringen.

Leuchtendes Gegenbeispiel dazu rechts America Ferrera ("Ugly Betty"). Perfekt auf Körper gearbeitetes Bustier mit entsprechendem Innenleben. Ich schätze mal, das sind eine Tüllkorsage für den Halt im Oberteil und formende Unterwäsche für Taille, Hüfte und Oberschenkel. Nicht dass sie es aus Gewichtsgründen nötig hätte, aber so eine Schicht glättet und idealisiert die Konturen. Well done, Miss Ferrera!

Freitag, 15. April 2011

Zweimal Valentino, einmal Versace

Gestern entdeckt in Harper's Bazar: die neue Anzeigenkampagne von Valentino mit Julia Saner (Körpergröße 181 cm, Oberweite angeblich 88 cm). Gsund schaut sie aus, nicht wahr?


Man fragt sich wirklich, warum solche Gerippe engagiert werden. Gut, Karl Lagerfeld hat es vor ein paar Jahren aus Provokationsgründe auf dem Höhepunkt der Anorexiediskussion getan. Aber im Haus Valentino? Versucht man so über die biederen Klamotten von Maria Grazia Chiuri und Pier Paolo Piccioli hinwegzutrösten?

Als der Maestro noch selbst Hand anlegte, zeigte sich die Qualität seiner Entwürfe unter anderem dadurch, dass auch fülligere Damen in seinen Kreationen (und der passenden Shapewear) eine erfreulichen Anblick boten. Hier Jennifer Hudson im Jahr 2007.


Und so sah sie vor zwei Monaten aus. Dramatisch erschlankt in einem etwas untypischen Kleid von Versace (nicht so nuttig wie sonst). Wer errät das Unterdrunter? Ich tippe auf Tapes.

Samstag, 2. April 2011

Die Diva

Als Elizabeth Taylor vor einer Woche starb, kreisten die Nachrufe um ihre perfekte Schönheit, ihre Ehen, ihre Freundschaft zu Michael Jackson und ihre Charities. Alles durchaus bemerkenswert.
Mir fehlte aber ein Aspekt völlig: das Schauspielerviech und Rasseweib. Schade, dass die meisten ihrer Filme mit diesem Niveau nicht mithalten konnten.
Ich fand es einfach atemberaubend, wie sie als Maggie in "Katze auf dem heißen Blechdach" mit allen sinnlich weiblichen Waffen um ihren Mann kämpft, den ihr an Sexyness ebenbürtigen Paul Newman.


Vor allem sind mir aber ihre Filme mit Richard Burton in Erinnerung, wo sie schon über ihre Mädchenerscheinung hinausgewachsen ist, oft ein wenig mollig, manchmal sogar ein wenig schleißig. Einfach mit einer Reife, die sich nicht mehr darum kümmert, was andere von ihr denken.
Mit ihr ließ sich sogar ein Film von Franco Zeffirelli ertragen, jenem ehemaligen Visconti-Assistenten, der eine Zeitlang vorgeben konnte, selbst ein Regisseur zu sein, bevor er das kulturpolitische Mastermind von Italiens braungetoastetem Cavaliere wurde.

Samstag, 19. März 2011

schwarz

Ich hab es getan: nach zwei Jahren des Widerstands habe ich einen schwarzen Lycra erstanden bzw. auf Lager gelegt. Die Qualität war einfach zu gut.
Im Grunde ist es mir ergangen wie dem Beduinen, der sein Kamel für die Nacht "nur die Nase" ins Zelt stecken lässt. Dann wird es der ganze Kopf, der Hals, die Beine, und schließlich schläft er im Freien, während sich das Kamel im Zelt ausbreitet. Bei mir waren es zuerst schwarze Tüllspitzen, dann fand ich zu einem auberginefarbigen Lycra keinen passenden Trägergummi und musste auf Schwarz ausweichen, naja, und jetzt eben wirklich ein "richtiger" Stoff.

Zu Schwarz habe ich eine zwiespältige Meinung. Als Oberkleidung finde ich es eine wunderbare Unterlage, um Schmuck, Tücher oder Jacken in leuchtenden Farben zu präsentieren. Aber eigentlich funktioniert das nur mit einem saftigen, tiefen Schwarz, das von einem Farbüberschuss bewirkt wird. Kaum ist der jedoch aus einem Stoff draußen, werden die meisten Kleidungsstücke einfach tot. Und diese Farbe steht selten jemandem wirklich gut - mal abgesehen von SüditalienerInnen.

Gar nicht nachvollziehen kann ich daher Chantal Thomass' Aussage, dass schwarze Dessous die Haut der Trägerin zum Leuchten bringen. Bei mir wird das von einem dunklen Blau bewirkt, bei einigen Freundinnen von Dunkelbraun.

Was mache ich also mit meinem Vorrat an schwarzem Lycra? Kombinieren! Mit weißer, elfenbeinfarbener, beiger, roter Spitze und allen Stoffen, für die ich keine besseren Partner finde. 
Bei den hellen Spitzen bewirkt der Kontrast, dass das Muster gut hervorgehoben wird. In der umgekehrten Richtung ist schwarze Spitze über rosa Satin, ein Klassiker wie ihn praktisch alle französischen Lingeriehäuser immer in der Kollektion haben.
Hier jedoch ein vorbildliches Beispiel von schwarzer Spitze über violettem Satin. Das Modell ist von Chantal Thomass, das Model die fabelhafte Crystal Renn. So wird sogar Schwarz zu einer lebendigen Farbe.






Montag, 14. März 2011

Patricia Delzo de Edlmayer

Es ist Zeit, Patricia vor den Vorhang zu bitten.
Sie stammt aus einem mythischen Land - Peru - und lebt nun seit fast zwanzig Jahren in Wien. Ausbildung an der Modeschule Michelbeuren, dann Herrenkleidermachermeisterin in der Kostümwerkstätte der Österreichischen Bundestheater, schließlich das eigene, feine Atelier an nobler Adresse.
Mir ist Patricia eine Mentorin, deren kritischem Blick zu genügen ich mich bemühe. Danke für Deine Unterstützung und Ermutigung, und dass Du mich an Deiner Erfahrung teilhaben lässt. Blumen! Applaus!!
Für InteressentInnen: Fotos ihrer exquisiten Arbeiten gibt es hier.

Donnerstag, 3. März 2011

Tits and Ass - Neues aus Hohenstein

Die Molligen unter uns habe es sicher schon bemerkt: je mehr wir auf die Rippen packen, umso unterschiedlicher werden unsere Körperformen. Einige nehmen oben herum zu, einige am Bauch, einige am Hintern, und bei den meisten ist es eine individuelle Kombination daraus.
In den Jahren 2007/2008 wurde daher wieder einmal ein repräsentativer Querschnitt der weiblichen deutschen Bevölkerung vom Hohenstein Institut vermessen, um auf brauchbare Übergrößenmaße für die Industrie zu kommen, und seit 2010 sind sie käuflich erhältlich. Aber wir warten noch auf die Auswirkungen.

Könnt Ihr Euch an den Strahlensatz erinnern?
Ein geometrisches Verfahren, mit dem man die Größe von Zeichnungen verändert. Genauso verfährt die Textilindustrie mit ihren Modellen.
Sie entwirft Kleider für Größe 36 und bläst sie dann auf weitere Größen auf. Ist ja auch logisch, denn bekanntlich wachsen ja unsere Knochen mit, wenn wir um die Mitte zulegen. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass große Damenkleidung mit Schultern für Rugby-Spieler angeboten werden? Die können dann nur herunterhängen. (Obwohl der Herr rechts im Bild beweist, dass man auch als schlanker Mann ordentlich daneben greifen kann. ;))
 
Es ist ganz sicher schwierig, gute Kleidung für Mollige zu entwerfen, aber kein Ding der Unmöglichkeit. Maßkleidung aller Art beweist das.
Und da macht es einen großen Unterschied, ob man zu unpassendem oder passendem Drunter greift.

Samstag, 19. Februar 2011

not too obvious

Chères amies!

Endlich wieder Zeit für mein liebstes Thema - nach zwei Wochen Galeerendienst an Buchhaltung und Steuererklärung für 2010. Ahhhhh!
Zwischendurch ein paar Banalitäten im TV angesehen, oder besser: angehört, und wieder einmal fiel mir auf, dass ich scheinbar neben der Zeit lebe. Oder kommt es nur mir so vor, als ob jegliche Beschreibung von Mode in einem Attribut gipfle, nämlich "sexy"? 

Ich halte es lieber mit Meister Hitchcock: not too obvious.  Also lieber außen Pfui  (naja, net wirklich) und innen Hui, als umgekehrt.
Okay, das war jetzt eine seeehr freie Paraphrase seines berühmten Diktums von den wirklichen Damen, die im Schlafzimmer zu Nutten werden, aber vielleicht lesen wir in François Truffauts all time favorite Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? ein wenig weiter:

"Sie sagen selbst, [Marilyn Monroe und ähnliche Schaupielerinnen] hätten nur schlechte Filme gedreht. Warum? Weil es in ihnen keine Überraschung gibt, folglich auch keine guten Szenen. Es gibt in ihnen nicht die Entdeckung des Sex. Schauen Sie sich den Anfang von To Catch a Thief an. ich habe Grace Kelly unbewegt und kühl fotografiert, ich zeige sie meistens im Profil, mit einem klassischen Ausdrück, sehr schön und unnahbar. Aber wenn sie durch die Hotelkorridore geht und Cary Grant sie bis zur Tür ihres Zimmers begleitet, was macht sie da? Sie küsst ihn."

In meiner Lieblingskussszene von Hitchcock ist ebenfalls Cary Grant beteiligt, und diesmal ist es Ingrid Bergman, die sich in "Notorious" über ihn hermacht, während er mit dem Hotelportier telefoniert. Bitteschön, hier die Szene mit Hitchcocks eigenen Kommentaren aus dem Off. Enjoy!


Sonntag, 6. Februar 2011

Mit oder ohne Bügel?

Mes Chères!

Immer wieder kommt die Frage auf, ob denn zu einem gut sitzenden BH unbedingt BH-Bügel dazugehören. Viele Frauen haben nämlich die Quälerei und Zwickerei der Bügel-BHs ganz einfach satt. Verstehe ich wirklich sehr gut...... Allerdings ist die Lösung für dieses Problem keineswegs der bügellose BH, sondern ein BH mit passenden Bügeln. Ja, die gibt es wirklich!

Vor allem drei Gruppen von Frauen, haben Probleme, einen passenden BH zu finden:
- Ladies mit ordentlicher Oberweite an schmalen Oberkörpern
- Ladies mit athletischem Oberkörper und breiter, aber flacher Oberweite
- Mollige Ladies jeglicher Bauart. (Zu ihnen folgt ein Extra-Post.)

Ersteren kann relativ leicht geholfen werden. Man muss einen Industrie-BH finden, dessen Körbchen und Bügel passen, dann können eventuell nötige Anpassungen im Rückenbereich sehr leicht und kostengünstig über die Bühne gehen.

Zweitere stellen allerdings eine wirkliche Herausforderung dar: diese Ladies brauchen einen großen Bügel, damit nichts zwickt, und ein stark verändertes Körbchen, damit es zum Bügel passt , aber über der Brust nicht flattert. Manchmal hat die Kundin Glück und sie braucht bei einem Industrie-BH theoretisch nur den Bügel zu tauschen. Dann beginnt jedoch die Suche nach einem geeigneten Bügel....

Vergesst übrigens die Ersatzbügel aus dem Nähzubehörladen. Die sind viel zu schwach, dafür total überteuert und nicht in allen Größen erhältlich. Da lohnt sich die Internetsuche nach spezialisierten Händlern oder eine Verabredung mit der Lingeriedesignerin Eures Vertrauens. ;-)

Für mich gehört daher zum Maßnehmen nicht nur die Arbeit mit dem Maßband, sondern auch das Ausprobieren der Bügel. Ist einer gefunden, der perfekt sitzt, dann geht eigentlich nichts mehr schief, denn die Schnittkonstruktion stellt für eine Liebhaberin der Euklid'schen Geometrie kein Problem dar. (Ja, ich liebte Mathematik in der Schule!)

Speaking of geometry: der Bügel-BH ist eine geniale Entwicklung, bei dem eigentlich eine Schrägseilbrücke an einen Körper angepasst wurde. Der Bügel entspricht den Pylonen, die Körbchen den Tragekabeln. Und da die Bügel stabil am Körper anliegen, können sie die Last schön anheben und unterstützen und ermöglichen der Desingerin ziemliche große Freiheiten.


Bei einem bügellosen BH hingegen muss die Tragefunktion durch den Stoff und den Unterbrustgummi übernommen werden. Das ist bei B- und C-Körbchen noch kein so großes Problem, weshalb in diesen Größen auch ein große Bandbreite an  bügellosen BHs angeboten wird, aber ab einem D-Körbchen sieht es traurig aus. Da funktionieren nur mehr solche Möbel wie der Claudette von Triumph. Schaut mal, aus wievielen Teilen der besteht! Die haben alle verschiedene Dehnungsrichtungen und -quotienten und sind sehr kompliziert zu nähen. Hebe- und Formfunktion zugegebenermaßen exzellent, aber ein Anblick zum Fürchten. Außerdem werden die Mädels stark zusammengeschoben, was bei warmem Wetter zum Problem wird.
Der klassische Zauberkreuz Playtex hingegen trennt zwar sehr schön, aber die Mädels schielen auseinander.
Alle Imitate dieser beiden Schnitte und sämtliche weiteren Lösungsansätze wie Minimizer, Entlastungs- und Sport-BHs können also das Dilemma nicht lösen und es bleibt entweder Zusammenquetschen oder Auseinanderschielen. Heben und appetitlich Formen kann nur ein Bügel-BH.
Hier zwei Beweisfotos aus meinem Atelier in Größe 100D/E.

Ich hoffe, man sieht, dass ich wirklich Spaß hatte, diesen BH zu arbeiten. Und die Trägerin ist sehr zufrieden damit.

Donnerstag, 20. Januar 2011

Willkommen

Chères amies,

es freut mich, dass Ihr den Weg zu mir genommen habt, und ich hoffe, dass Euch der Aufenthalt angenehm wird.
Hier dreht sich alles um die Unaussprechlichen und um die Freude am maßgeschneiderten Unterdrunter.

Als bekennende Vertreterin der Fraktion XXL kenne ich nur allzu gut die Frustration, die einen in einem normalen Dessousladen befällt: nix passt, zur Auswahl gibt es Teile in weiß, schwarz oder tarnfarben und die Designs machen alles, nur keinen Spaß. Hat man aber trotzdem ein nettes Modell gefunden, wird dessen Produktion sicher nach einem Jahr eingestellt. Schnief!!! Oder eher: verflucht nochmal!! Frau muss offensichtlich zur Selbstjustiz greifen.

Gesagt, getan: ein beherzter Griff zum Seziermesser, und schon bald liegt das ehemals gute Stück in alle Teile zerlegt am Tisch. Schwester, bitte Papier und Bleistift für den Papierschnitt!
Schnell Stoff, Spitze und Zubehör besorgt, dann steht dem Klonen nichts mehr im Weg.

Das erste Stück dauert EWIG und sieht - naja, es sieht halt aus. Aber es erfüllt seinen Zweck erstaunlich gut und eine Freundin fragt mich tatsächlich, ob ich abgenommen habe. Wenn das kein Ansporn ist! 10 kg weniger in einem Tag, das schafft kein Nahrungsentzug, hihi.

Seither hat mich das Dessousfieber erfasst und ich fabriziere mit Energie für mich und eine wachsende Schwesternschaft den passenden Unterbau. Dennoch habe ich das Gefühl, erst am Anfang zu stehen.
Es gibt noch soviele Farbkombinationen auszuprobieren, unendlich viele Spitzen zu horten, die Schnittführung zu variieren. Soll das gute Stück unter ein Shirt oder unter ein Kostüm? Ist es für ein Abendkleid gedacht? Braucht es passende Partner? Soll damit ein kleines Mehr herbeigezaubert werden oder denken wir eher an Heben und Stützen? Aber vor allem: gefällt uns, was wir im Spiegel sehen?

Schließlich wollen wir uns ja alle als Gustostückerl fühlen. Richtige Sahnestückchen in einer leckeren Verpackung: nett auszupacken und überaus nett zu vernaschen.

Für die Sahnestückchen unter uns stelle ich daher daher eines der schönsten Bilder aller Zeiten an den Kopf dieses Blogs: Tizians "Venus von Urbino".  Mögen wir alle von Zeit zu Zeit diesen Blick draufhaben.