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Mittwoch, 13. Juni 2012

Maßkleidung, Maßkonfektion, Konfektion

Zwar habe ich schon mehrmals zum Thema gepostet, aber es hat sich in mittlerweile vielen Gesprächen gezeigt, dass die Grenzen zwischen Konfektion, Maßkonfektion und Maßkleidung den meisten Menschen nicht mehr bewusst sind. Daher erlaube ich mir heute eine grundsätzliche Klärung.

Fall 1: Sie gehen in ein Kaufhaus oder eine Boutique und kaufen sich dort ein Hemd, ein Kostüm, eine Hose. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen das Teil nicht wirklich passt, ist sehr groß, denn Konfektion beruht auf Schnitten für einen standardisierten Körper, den die wenigsten von uns besitzen.
Bessere Häuser beschäftigen zwar auch ÄnderungsschneiderInnen, die Ihre Kleidungsstücke enger nähen oder kürzen, aber trotzdem tragen Sie noch immer Konfektion oder "ready-to-wear". Selbst wenn sich der Erzeuger einen berühmten Couture-Namen dazugekauft hat.

Fall 2: Sie sind in Asien auf Urlaub und bestellen einen Anzug oder ein Kostüm bei einem der berühmt billigen Schneider. Im Laden wählen Sie Stoff, Futter und Knöpfe aus, der Ladenbesitzer nimmt Ihre Maße und am selben oder am nächsten Tag holen Sie die fertigen Stücke ab.
Falls Sie der Meinung sind, Sie hätten sich damit einen Maßanzug oder ein Maßkostüm zugelegt, muss ich Sie enttäuschen: hier handelt es sich ebenfalls um Konfektion.
Zwar wurden der Anzug/das Kostüm einzeln und aus den gewählten Materialien angefertigt, die Schnitte und die Fertigungsschritte sind jedoch industriell.


Fall 3: Sie besuchen einen Maßkonfektionär und bestellen dort Anzug oder Kostüm. Man legt Ihnen eine große Auswahl an Schnitten, Stoffen und Zubehör vor und nimmt Maß. Der fertige Schnitt Ihres gewählten Modells wird auf Ihre Maße abgeändert und die Herstellung erfolgt teils mit industriellen Methoden (geklebte oder maschinell fixierte Einlagen, Maschinennähte), teils mit Handarbeit. Meistens wird gegen Ende des Herstellungsprozesses eine Anprobe angesetzt, bei der Passform und Bequemlichkeit überprüft werden.
Bessere Prêt-à-porter und einige berühmte Schneider wie Brioni oder Knize bieten solche Fertig- oder Bestellware an, die zwar handwerklich gut gearbeitet sein kann, aber nicht die Individualität und perfekte Passform echter Maßkleidung bieten kann.

Fall 4: Sie entscheiden sich für wirkliche Maßkleidung. Zunächst erleben Sie dieselbe Prozedur des Maßnehmens, der Schnittbesprechung und der Materialauswahl, aber im Anschluss wird ein individueller Schnitt für Sie gezeichnet, der Ihre körperlichen Besonderheiten berücksichtigt.
Alle Materialien werden von Hand zugeschnitten, die Einlagen ebenso händisch mit dem Oberstoff verbunden und schließlich alle Nähte provisorisch geschlossen. In mehreren Anproben wird der Schnitt so weit adaptiert, dass er wie angewachsen passt.
Bei der Fertigung kommen vor allem Näh- und Bügeltechniken von Hand zum Einsatz, weil sich nur dadurch absolute Präzision bei gleichzeitiger "Lebendigkeit" erreichen lässt.
Die französische Haute Couture und das englische Bespoke Tailoring gelten als Gralshüter der hohen Schneiderkunst, aber gerade in den letzten Jahren erlebt die Maßschneiderei auch in anderen Ländern wie Österreich eine wahre Renaissance. Es darf also wieder auf gut sitzende Kleidung gehofft werden....





Donnerstag, 28. Juli 2011

Passform, Passform, Passform

Meine Lieben,

nachdem Martina mich direkt darauf angesprochen hat, möchte ich mal ein Lob auf gut sitzende Kleidung loswerden.
Dazu wieder einmal ein Bilderrätsel. Wer dieser Herrschaften trägt Maßgeschneidertes?








Auflösung:
Coco Chanel, Jeffrey Diduch (der Herr ohne Kopf), Tippi Hedren und Hedy Lamarr (lasst Euch nicht von den voluminösen Ärmeln irritieren!)

Sandra Maischberger, Tom Ford und Candice Bergen alias Shirley Schmidt tragen Sachen, die nicht oder schlecht an ihre Körper angepasst wurden. Diese schlagen Falten, die weder durch Schulter- (wie bei Chanel) noch durch Armhaltung (wie bei Hedren und Lamarr) bedingt sind, sondern ganz einfach durch einen Schnitt, der nicht zum Körper passt. Also durch schlechte Passform.

Bei Maischberger und Bergen machen sowohl die Ärmel als auch die Oberweite Probleme, obwohl diese Ladies mit schlanken Figuren gesegnet sind. Und Tom Ford sieht aus, als ob er seit dem Anzugkauf 10 Kilo zugenommen hätte: Spannungsfalten an der Ärmelkugel, um die Taille, in den Ellbogen und im Schritt. Aus irgendeinem Grund hat er ein Faible für diesen Knackwurst-Stil, denn fast alle Fotos zeigen ihn so.

Jeffrey Diduchs Anzüge hingegen sind ein Musterbeispiel für englische Maßarbeit: körpernah geschnitten, ohne jegliche Spannungsfalten und mit makellosem Fall. Ebenso die Jacken von Hedren und Lamarr. Den absoluten Höhepunkt stellt für mich aber der Ärmel von Chanels Kostümjacke dar. Diesen so hinzukriegen, dass er auch bei leicht gehobenem Arm keine Falten schlägt - das zeugt von hoher Schneiderkunst.


Montag, 16. Mai 2011

Herzeigen oder verhüllen?

Kleidung für Mollige gibt es in zwei Denkschulen: entweder in Wallawalla verhüllen oder mutig die Kurven zeigen. Hmm, schwer zu erraten, was ich bevorzuge......?

Wallawalla sieht ja recht hübsch aus an der deutschsprachigen Durchschnittsgröße 42 (links; Dank auch an Stylist, Fotograph und Fotoshop von Ulla Popken), aber wehe, wenn wirklich mollige Frauen diese Entwürfe tragen. Der reinste Büßerstil in Sack und Asche.
Aber Säcke sind natürlich einfach zu produzieren, weil da ohnehin niemand  eine gute Passform erwartet. Und zu gradieren sind sie ja auch noch so einfach.

Da lobe ich mir alle körperbetonten Kleidungsstile angefangen vom Dirndl über Maßkostüme bis zu den großen Galaroben, wie sie die afroamerikanischen und die Latinadiven so wunderbar vorführen. Und schaut mal, was für einen Unterschied maßgefertigte Kleidung samt Drunter macht:

Links die übliche Ballschönheit im Bustierkleid von der Stange. Zeigen Sie eine typische Handbewegung. Wetten, das ist das Hochziehen des verrutschten Bustiers? Überrascht auch nicht wirklich, weil dieses Kleid nur an der Hüfte Halt findet. Die Oberweite ist weder abgeformt noch gehoben, die Unterbrustweite und die Taille sitzen überhaupt nicht und bilden daher diese Ziehharmonika-falten. Dafür haben sich trotz ausgestellten Rocks Plissees in der Leiste gebildet. Das muss man mal zusammenbringen.

Leuchtendes Gegenbeispiel dazu rechts America Ferrera ("Ugly Betty"). Perfekt auf Körper gearbeitetes Bustier mit entsprechendem Innenleben. Ich schätze mal, das sind eine Tüllkorsage für den Halt im Oberteil und formende Unterwäsche für Taille, Hüfte und Oberschenkel. Nicht dass sie es aus Gewichtsgründen nötig hätte, aber so eine Schicht glättet und idealisiert die Konturen. Well done, Miss Ferrera!

Donnerstag, 3. März 2011

Tits and Ass - Neues aus Hohenstein

Die Molligen unter uns habe es sicher schon bemerkt: je mehr wir auf die Rippen packen, umso unterschiedlicher werden unsere Körperformen. Einige nehmen oben herum zu, einige am Bauch, einige am Hintern, und bei den meisten ist es eine individuelle Kombination daraus.
In den Jahren 2007/2008 wurde daher wieder einmal ein repräsentativer Querschnitt der weiblichen deutschen Bevölkerung vom Hohenstein Institut vermessen, um auf brauchbare Übergrößenmaße für die Industrie zu kommen, und seit 2010 sind sie käuflich erhältlich. Aber wir warten noch auf die Auswirkungen.

Könnt Ihr Euch an den Strahlensatz erinnern?
Ein geometrisches Verfahren, mit dem man die Größe von Zeichnungen verändert. Genauso verfährt die Textilindustrie mit ihren Modellen.
Sie entwirft Kleider für Größe 36 und bläst sie dann auf weitere Größen auf. Ist ja auch logisch, denn bekanntlich wachsen ja unsere Knochen mit, wenn wir um die Mitte zulegen. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass große Damenkleidung mit Schultern für Rugby-Spieler angeboten werden? Die können dann nur herunterhängen. (Obwohl der Herr rechts im Bild beweist, dass man auch als schlanker Mann ordentlich daneben greifen kann. ;))
 
Es ist ganz sicher schwierig, gute Kleidung für Mollige zu entwerfen, aber kein Ding der Unmöglichkeit. Maßkleidung aller Art beweist das.
Und da macht es einen großen Unterschied, ob man zu unpassendem oder passendem Drunter greift.