Als Arnold Schönberg 1911 seine Harmonielehre
veröffentlichte, begann er das Vorwort mit dem berühmten Satz:
"Dieses Buch habe ich von meinen Schülern gelernt." Dann erzählt er, dass er oft genötigt war, "für jeden
Schüler etwas Neues zu erfinden."
Tauschen Sie das Wort "Schüler" gegen "Kundin" aus, und Sie
beschreiben meine Arbeitssituation. Keine Kundin gleicht einer anderen und oft sind die Fälle die schwierigsten, die man anfänglich als leicht einschätzt.
Nehmen wir Frau S., deren Anatomie mich an eine Freundin erinnerte. Für sie probierte ich verschiedene Techniken aus, um ihre Oberweite zu vergrößern. Zunächst hoben wir alles an, aber der Unterschied zu einem normalen BH war trotz eingelegter Pushup-Kissen nicht besonders bemerkenswert. Dann schneiderte ich ihr ein aus mehreren Teilen zusammengesetztes Schaumstoffkörbchen, aber die in diesem Material besonders tief liegenden Nähte waren in der Oberkleidung zu sehen. Schließlich nahm ich das am besten sitzende Industrie-Schaumstoffkörbchen und polsterte es innen noch ein wenig aus. Das Ergebnis war diesmal sehr, sehr gut.
ABER es dauerte eine EWIGKEIT, diese BHs zu nähen. Genauer gesagt saß
ich exakt fünf Mal so lange an der Nähmaschine, wie für einen BH ohne
Schaumstoff, und das Nahtbild entspricht trotzdem nicht meinem üblichen
Niveau.
Ich verbuche diese Erfahrung daher als "Lehrgeld" und weiß jetzt, dass ich so ein Projekt nie mehr ohne eine industrielle Spezialmaschine angehen möchte.
Samstag, 10. November 2012
Samstag, 15. September 2012
Die Weisheit der Tradition
Es fasziniert mich immer wieder, wie verschieden sich Mode in den diversen Gegenden der Welt entwickelt hat, und wie sie die spezifische Schönheit der regionalen Körpertypen hervorhebt.
Versuchen Sie als Mitteleuropäerin einmal, einen echten Kimono zu tragen. Grauenhaft! Die Proportionen passen einfach nicht, weil Sie für dieses Kleidungsstück zuviel Busen und zu lange Beine haben. Außerdem werden die vornehmen Kimonofarben Sie nur blass machen. Japanerinnen dagegen sehen darin hinreißend aus.
Europas traditionelle Frauenkleidung besteht aus einem anliegenden Brustmieder, mit oder ohne Ärmel, kombiniert mit einem darunter getragenen Hemd und einem weiten Rock, der sowohl Bewegungsfreiheit gibt, als auch den kurvigen Körperbau der Europäerinnen betont.
Abbildungen davon gibt es seit dem Hochmittelalter und sie hat sich in der Tracht, Retromode, Abend- und Hochzeitskleidung bis in die Gegenwart erhalten. Nur in der Businesskleidung macht man einen Bogen darum, weil die Geschäftswelt noch immer männlich konnotiert ist.
Aber sehen wir uns mal einige Oberteile von erneuerten Trachten an (das sind Trachten, die auf historischen Vorbildern beruhen) und lernen wir von deren optischen Tricks. Wo schauen Sie bei den folgenden Modellen hin?
Wetten, beim linken Bild wandert Ihr Blick von oben nach unten und zurück, während er beim rechten Bild an der Halslinie fixiert wird.
Welches Modell wird bei Ihnen besser wohl aussehen, wenn Sie viel Busen haben? Richtig: das linke. Es teilt den Oberteil optisch in zwei schlanke Hälften, während rechts eine breite unstrukturierte Fläche entsteht.
Und wie wird Ihr Blick bei den nächsten beiden Bildern geleitet?
Das linke Oberteil streckt, während das rechte mehr die Querlinien betont. Wenn Sie also einen langen Oberkörper haben, sollten Sie zum rechten Modell greifen, während Sie mit dem linken Modell eine zierlichere Taille zaubern können.
Alle bisherigen Modelle entstehen durch einfache Flächenaufteilungen des links und rechts stehenden Grundschnitts.
Wenn das Leibchen unter dem Busen eng anliegt, kann man es sogar ohne BH tragen, denn es ist nichts anderes als die wichtigste Vorform desselben.
Wem das jedoch zu uninteressant ist, kann mit weiteren Schnittabwandlungen oder Verzierungen experimentieren.
Und wenn die Oberweite noch zusätzliche Centimeter kriegen soll, wird gefältelt und gezogen, dass es eine Freude ist.
Ist es nicht bemerkenswert, welche Detailvielfalt sich hier auftut? Da kann sich jede Frau genau jene Kleidungsstücke zusammenbasteln (lassen), die ihre Vorzüge am besten unterstreichen.
Bildnachweis:
SW-Zeichnungen aus "Steirische Frauentrachten" hrsg. Steirisches Heimatwerk. Graz, 1977.
Farbzeichnungen aus "Volkstracht in Niederösterreich. Bildmappe" hrsg. Niederösterreichisches Bildungs- und Heimatwerk. Wien, 1985.
Versuchen Sie als Mitteleuropäerin einmal, einen echten Kimono zu tragen. Grauenhaft! Die Proportionen passen einfach nicht, weil Sie für dieses Kleidungsstück zuviel Busen und zu lange Beine haben. Außerdem werden die vornehmen Kimonofarben Sie nur blass machen. Japanerinnen dagegen sehen darin hinreißend aus.
Europas traditionelle Frauenkleidung besteht aus einem anliegenden Brustmieder, mit oder ohne Ärmel, kombiniert mit einem darunter getragenen Hemd und einem weiten Rock, der sowohl Bewegungsfreiheit gibt, als auch den kurvigen Körperbau der Europäerinnen betont.
Abbildungen davon gibt es seit dem Hochmittelalter und sie hat sich in der Tracht, Retromode, Abend- und Hochzeitskleidung bis in die Gegenwart erhalten. Nur in der Businesskleidung macht man einen Bogen darum, weil die Geschäftswelt noch immer männlich konnotiert ist.
Aber sehen wir uns mal einige Oberteile von erneuerten Trachten an (das sind Trachten, die auf historischen Vorbildern beruhen) und lernen wir von deren optischen Tricks. Wo schauen Sie bei den folgenden Modellen hin?
Wetten, beim linken Bild wandert Ihr Blick von oben nach unten und zurück, während er beim rechten Bild an der Halslinie fixiert wird.
Welches Modell wird bei Ihnen besser wohl aussehen, wenn Sie viel Busen haben? Richtig: das linke. Es teilt den Oberteil optisch in zwei schlanke Hälften, während rechts eine breite unstrukturierte Fläche entsteht.
Und wie wird Ihr Blick bei den nächsten beiden Bildern geleitet?
Das linke Oberteil streckt, während das rechte mehr die Querlinien betont. Wenn Sie also einen langen Oberkörper haben, sollten Sie zum rechten Modell greifen, während Sie mit dem linken Modell eine zierlichere Taille zaubern können.
Alle bisherigen Modelle entstehen durch einfache Flächenaufteilungen des links und rechts stehenden Grundschnitts.
Wenn das Leibchen unter dem Busen eng anliegt, kann man es sogar ohne BH tragen, denn es ist nichts anderes als die wichtigste Vorform desselben.
Wem das jedoch zu uninteressant ist, kann mit weiteren Schnittabwandlungen oder Verzierungen experimentieren.
Und wenn die Oberweite noch zusätzliche Centimeter kriegen soll, wird gefältelt und gezogen, dass es eine Freude ist.
Ist es nicht bemerkenswert, welche Detailvielfalt sich hier auftut? Da kann sich jede Frau genau jene Kleidungsstücke zusammenbasteln (lassen), die ihre Vorzüge am besten unterstreichen.
Bildnachweis:
SW-Zeichnungen aus "Steirische Frauentrachten" hrsg. Steirisches Heimatwerk. Graz, 1977.
Farbzeichnungen aus "Volkstracht in Niederösterreich. Bildmappe" hrsg. Niederösterreichisches Bildungs- und Heimatwerk. Wien, 1985.
Freitag, 14. September 2012
Designer und Oberweite
Bei einer meiner regelmäßigen Amazon-Recherchen zum Thema BH stieß
ich auf das "Bra Book" von Jene' Luciani und Ann Deal und nutzte den
"look inside". Im Vorwort der "anderen" Beverly Johnson (jenem
legendären 1970er Jahre Fotomodell, nicht der Autorin des "Bra Makers'
Manuals") fand sich folgendes interessante Zitat: "I once overheard a
designer say about another model: "Oh, she has these horrible breasts.
They are messing up my design; I can't hire her with those big things!""
Liebe Designer! Frauen sind keine Knaben, sondern haben Kurven: Busen, Hüften, Hintern, Schenkel und oft auch Bauch. Wir sind so gebaut. Models, die trotz 1 Meter 80 Körperlänge nur 50 Kilo auf die Waage bringen, sind die Ausnahme unter den Weiben.
Wenn Ihr nur solche Entwürfe zustande bringt, die auf einer überlangen Größe 34 oder 36 gut aussehen, dann ist das ein Zeichen von mangelndem Können und/oder Frauenfeindlichkeit.
Liebe Modeunternehmer! Engagiert mehr weibliche Designer, die ihren Körper lieben und eine schwesterliche Verbundenheit mit allen anderen Frauen empfinden. Nur sie wissen, wie es sich in ihren Entwürfen lebt.
Und liebe Frauen! Kauft nurmehr solche Sachen, die Euch stehen und passen. Oder besser: werdet Kundin eines Maßsalons. Dort kosten die Sachen zwar viel mehr als das Durchschnittszeug von der Stange, aber sie sind es definitiv wert.
Liebe Designer! Frauen sind keine Knaben, sondern haben Kurven: Busen, Hüften, Hintern, Schenkel und oft auch Bauch. Wir sind so gebaut. Models, die trotz 1 Meter 80 Körperlänge nur 50 Kilo auf die Waage bringen, sind die Ausnahme unter den Weiben.
Wenn Ihr nur solche Entwürfe zustande bringt, die auf einer überlangen Größe 34 oder 36 gut aussehen, dann ist das ein Zeichen von mangelndem Können und/oder Frauenfeindlichkeit.
Liebe Modeunternehmer! Engagiert mehr weibliche Designer, die ihren Körper lieben und eine schwesterliche Verbundenheit mit allen anderen Frauen empfinden. Nur sie wissen, wie es sich in ihren Entwürfen lebt.
Und liebe Frauen! Kauft nurmehr solche Sachen, die Euch stehen und passen. Oder besser: werdet Kundin eines Maßsalons. Dort kosten die Sachen zwar viel mehr als das Durchschnittszeug von der Stange, aber sie sind es definitiv wert.
Donnerstag, 19. Juli 2012
Der älteste BH der Welt
Bekanntlichermaßen tobt ein erbitterter Streit darum, wer den BH erfunden hat - oft auch mit nationalistischen Untertönen. Die Amerikanerin Mary Phelps-Jacob? Die Französin Herminie Cadolle? Oder doch die Deutsche Christine Hardt?
Weit gefehlt: es war wohl eine Österreicherin. Jener BH-Fund aus dem Schloss Lengberg, der schon 2008 eine Sensation war, konnte nun mithilfe der C14-Methode auf 1480 datiert werden. WIR hatten die Nase um 400 Jahre vorne :))
Welch eine Wohltat nach einer für UNS so unrühmlich verlaufenen Fußball-EM. (Für Nicht-Österreicher: WIR schafften die Qualifikation nicht. Warum gibt es auch so unnötige Sportarten neben dem Schifahren?)
Weit gefehlt: es war wohl eine Österreicherin. Jener BH-Fund aus dem Schloss Lengberg, der schon 2008 eine Sensation war, konnte nun mithilfe der C14-Methode auf 1480 datiert werden. WIR hatten die Nase um 400 Jahre vorne :))
Welch eine Wohltat nach einer für UNS so unrühmlich verlaufenen Fußball-EM. (Für Nicht-Österreicher: WIR schafften die Qualifikation nicht. Warum gibt es auch so unnötige Sportarten neben dem Schifahren?)
Mein ästhetisches Geheimnis: Ikebana
LeserInnen des Blogs und BesucherInnen meiner Homepage ahnten es wohl bereits, dass ich eine Liebhaberin klassischer Kunst bin. Ich gebe es gerne zu. Ich liebe europäische Kunst und fröne darüberhinaus einem seltenen Hobby, das meine Ästhetik und Geistesdisziplin enorm beeinflusst: ich übe Ikebana.
Genauer gesagt Ikenobô-Ikebana, die älteste, traditionsreichste und in Japan renommierteste Richtung des Ikebana. (Tragen Sie in Japan einmal Ihre Einkäufe in einem Ikenobô-Sackerl spazieren und Sie werden sich wundern, wieviele bewundernde Verbeugungen und eingesogene "Ohh"s Sie dafür ernten, auch als NichtjapanerIn......)
Ikebana-Arrangements unterscheiden sich wesentlich von europäischer Floristik. Symmetrie Marke "ein Blumenstrauß für die Kanzlerin" ist verpönt, man kommt mit viel weniger Material aus, lässt den freien Raum wirken und arrangiert die Pflanzen gemäß ihrer Natur. So werden sie "zur schönsten/lebendigen Gestalt" gebracht.
Zwar gibt es genaue Regeln, wie z.B. ein Denka-Shôka mit Aspidistra auszusehen hat, aber da das Blumenmaterial jedes Mal ein wenig anders gewachsen ist, werden die Regeln immer so weit adaptiert, dass das Arrangement harmonisch wirkt. Mir gelingt dies am besten, wenn ich mich beim Arrangieren in die Blumen hineinversetze und fast intuitiv handle. Meine japanische Lehrerin, Prof. Shûsui Pointner-Komoda, pflegt das so zu formulieren: "Sind die Blumen glücklich? Freuen sie sich?"
Dieses Prinzip des Sich-Hineinversetzens in das Material und des "Innenhaltens im richtigen Moment" (shibumi) ist mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen, sodass ich es auch bei der Kreation meiner Lingerie anwende. Wieviel muss ich wo dazugeben, dass der Gesamteindruck weder langweilig noch überladen wird? Welche Farbenkombinationen wirken gut mit dem Hautton der Kundin? Wie spricht das Material zu mir? Und wenn eine Kreation gelungen ist, erhalte ich dieselbe Bestätigung wie bei einem gelungenen Arrangement: einen ruhigen und friedvollen Geist.
Genauer gesagt Ikenobô-Ikebana, die älteste, traditionsreichste und in Japan renommierteste Richtung des Ikebana. (Tragen Sie in Japan einmal Ihre Einkäufe in einem Ikenobô-Sackerl spazieren und Sie werden sich wundern, wieviele bewundernde Verbeugungen und eingesogene "Ohh"s Sie dafür ernten, auch als NichtjapanerIn......)
Ikebana-Arrangements unterscheiden sich wesentlich von europäischer Floristik. Symmetrie Marke "ein Blumenstrauß für die Kanzlerin" ist verpönt, man kommt mit viel weniger Material aus, lässt den freien Raum wirken und arrangiert die Pflanzen gemäß ihrer Natur. So werden sie "zur schönsten/lebendigen Gestalt" gebracht.
Zwar gibt es genaue Regeln, wie z.B. ein Denka-Shôka mit Aspidistra auszusehen hat, aber da das Blumenmaterial jedes Mal ein wenig anders gewachsen ist, werden die Regeln immer so weit adaptiert, dass das Arrangement harmonisch wirkt. Mir gelingt dies am besten, wenn ich mich beim Arrangieren in die Blumen hineinversetze und fast intuitiv handle. Meine japanische Lehrerin, Prof. Shûsui Pointner-Komoda, pflegt das so zu formulieren: "Sind die Blumen glücklich? Freuen sie sich?"
Dieses Prinzip des Sich-Hineinversetzens in das Material und des "Innenhaltens im richtigen Moment" (shibumi) ist mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen, sodass ich es auch bei der Kreation meiner Lingerie anwende. Wieviel muss ich wo dazugeben, dass der Gesamteindruck weder langweilig noch überladen wird? Welche Farbenkombinationen wirken gut mit dem Hautton der Kundin? Wie spricht das Material zu mir? Und wenn eine Kreation gelungen ist, erhalte ich dieselbe Bestätigung wie bei einem gelungenen Arrangement: einen ruhigen und friedvollen Geist.
Mittwoch, 13. Juni 2012
Maßkleidung, Maßkonfektion, Konfektion
Zwar habe ich schon mehrmals zum Thema gepostet, aber es hat sich in mittlerweile vielen Gesprächen gezeigt, dass die Grenzen zwischen Konfektion, Maßkonfektion und Maßkleidung den meisten Menschen nicht mehr bewusst sind. Daher erlaube ich mir heute eine grundsätzliche Klärung.
Fall 1: Sie gehen in ein Kaufhaus oder eine Boutique und kaufen sich dort ein Hemd, ein Kostüm, eine Hose. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen das Teil nicht wirklich passt, ist sehr groß, denn Konfektion beruht auf Schnitten für einen standardisierten Körper, den die wenigsten von uns besitzen.
Bessere Häuser beschäftigen zwar auch ÄnderungsschneiderInnen, die Ihre Kleidungsstücke enger nähen oder kürzen, aber trotzdem tragen Sie noch immer Konfektion oder "ready-to-wear". Selbst wenn sich der Erzeuger einen berühmten Couture-Namen dazugekauft hat.
Fall 2: Sie sind in Asien auf Urlaub und bestellen einen Anzug oder ein Kostüm bei einem der berühmt billigen Schneider. Im Laden wählen Sie Stoff, Futter und Knöpfe aus, der Ladenbesitzer nimmt Ihre Maße und am selben oder am nächsten Tag holen Sie die fertigen Stücke ab.
Falls Sie der Meinung sind, Sie hätten sich damit einen Maßanzug oder ein Maßkostüm zugelegt, muss ich Sie enttäuschen: hier handelt es sich ebenfalls um Konfektion.
Zwar wurden der Anzug/das Kostüm einzeln und aus den gewählten Materialien angefertigt, die Schnitte und die Fertigungsschritte sind jedoch industriell.
Fall 3: Sie besuchen einen Maßkonfektionär und bestellen dort Anzug oder Kostüm. Man legt Ihnen eine große Auswahl an Schnitten, Stoffen und Zubehör vor und nimmt Maß. Der fertige Schnitt Ihres gewählten Modells wird auf Ihre Maße abgeändert und die Herstellung erfolgt teils mit industriellen Methoden (geklebte oder maschinell fixierte Einlagen, Maschinennähte), teils mit Handarbeit. Meistens wird gegen Ende des Herstellungsprozesses eine Anprobe angesetzt, bei der Passform und Bequemlichkeit überprüft werden.
Bessere Prêt-à-porter und einige berühmte Schneider wie Brioni oder Knize bieten solche Fertig- oder Bestellware an, die zwar handwerklich gut gearbeitet sein kann, aber nicht die Individualität und perfekte Passform echter Maßkleidung bieten kann.
Fall 4: Sie entscheiden sich für wirkliche Maßkleidung. Zunächst erleben Sie dieselbe Prozedur des Maßnehmens, der Schnittbesprechung und der Materialauswahl, aber im Anschluss wird ein individueller Schnitt für Sie gezeichnet, der Ihre körperlichen Besonderheiten berücksichtigt.
Alle Materialien werden von Hand zugeschnitten, die Einlagen ebenso händisch mit dem Oberstoff verbunden und schließlich alle Nähte provisorisch geschlossen. In mehreren Anproben wird der Schnitt so weit adaptiert, dass er wie angewachsen passt.
Bei der Fertigung kommen vor allem Näh- und Bügeltechniken von Hand zum Einsatz, weil sich nur dadurch absolute Präzision bei gleichzeitiger "Lebendigkeit" erreichen lässt.
Die französische Haute Couture und das englische Bespoke Tailoring gelten als Gralshüter der hohen Schneiderkunst, aber gerade in den letzten Jahren erlebt die Maßschneiderei auch in anderen Ländern wie Österreich eine wahre Renaissance. Es darf also wieder auf gut sitzende Kleidung gehofft werden....
Fall 1: Sie gehen in ein Kaufhaus oder eine Boutique und kaufen sich dort ein Hemd, ein Kostüm, eine Hose. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen das Teil nicht wirklich passt, ist sehr groß, denn Konfektion beruht auf Schnitten für einen standardisierten Körper, den die wenigsten von uns besitzen.
Bessere Häuser beschäftigen zwar auch ÄnderungsschneiderInnen, die Ihre Kleidungsstücke enger nähen oder kürzen, aber trotzdem tragen Sie noch immer Konfektion oder "ready-to-wear". Selbst wenn sich der Erzeuger einen berühmten Couture-Namen dazugekauft hat.
Fall 2: Sie sind in Asien auf Urlaub und bestellen einen Anzug oder ein Kostüm bei einem der berühmt billigen Schneider. Im Laden wählen Sie Stoff, Futter und Knöpfe aus, der Ladenbesitzer nimmt Ihre Maße und am selben oder am nächsten Tag holen Sie die fertigen Stücke ab.
Falls Sie der Meinung sind, Sie hätten sich damit einen Maßanzug oder ein Maßkostüm zugelegt, muss ich Sie enttäuschen: hier handelt es sich ebenfalls um Konfektion.
Zwar wurden der Anzug/das Kostüm einzeln und aus den gewählten Materialien angefertigt, die Schnitte und die Fertigungsschritte sind jedoch industriell.
Fall 3: Sie besuchen einen Maßkonfektionär und bestellen dort Anzug oder Kostüm. Man legt Ihnen eine große Auswahl an Schnitten, Stoffen und Zubehör vor und nimmt Maß. Der fertige Schnitt Ihres gewählten Modells wird auf Ihre Maße abgeändert und die Herstellung erfolgt teils mit industriellen Methoden (geklebte oder maschinell fixierte Einlagen, Maschinennähte), teils mit Handarbeit. Meistens wird gegen Ende des Herstellungsprozesses eine Anprobe angesetzt, bei der Passform und Bequemlichkeit überprüft werden.
Bessere Prêt-à-porter und einige berühmte Schneider wie Brioni oder Knize bieten solche Fertig- oder Bestellware an, die zwar handwerklich gut gearbeitet sein kann, aber nicht die Individualität und perfekte Passform echter Maßkleidung bieten kann.
Fall 4: Sie entscheiden sich für wirkliche Maßkleidung. Zunächst erleben Sie dieselbe Prozedur des Maßnehmens, der Schnittbesprechung und der Materialauswahl, aber im Anschluss wird ein individueller Schnitt für Sie gezeichnet, der Ihre körperlichen Besonderheiten berücksichtigt.
Alle Materialien werden von Hand zugeschnitten, die Einlagen ebenso händisch mit dem Oberstoff verbunden und schließlich alle Nähte provisorisch geschlossen. In mehreren Anproben wird der Schnitt so weit adaptiert, dass er wie angewachsen passt.
Bei der Fertigung kommen vor allem Näh- und Bügeltechniken von Hand zum Einsatz, weil sich nur dadurch absolute Präzision bei gleichzeitiger "Lebendigkeit" erreichen lässt.
Die französische Haute Couture und das englische Bespoke Tailoring gelten als Gralshüter der hohen Schneiderkunst, aber gerade in den letzten Jahren erlebt die Maßschneiderei auch in anderen Ländern wie Österreich eine wahre Renaissance. Es darf also wieder auf gut sitzende Kleidung gehofft werden....
Donnerstag, 8. März 2012
BHs verbrennen
Wieder einmal ist Frauentag. Ein großer imaginärer Blumenstrauß an die Schwestern der ersten und der zweiten Frauenbewegung: ohne sie und ihren Mut wären wir nicht dort, wo wir glücklicherweise sind. Und sie inspirieren uns weiterzukämpfen.
Ein zweiter Blumenstrauß den Brüdern, die uns auf dem Weg unterstützen, der noch zu gehen ist. Burschen, wir lieben Euch!
Eine der legen- dären feministi- schen Aktionen, bei der ich sehr gerne dabei ge- wesen wäre, war die öffentliche BH -Verbrennung an- lässlich der Miss America Wahl 1968. Historisch belegt ist eigent- ich nur, dass die Demonstrantinnen BHs, Mieder- höschen, Strapse, Strümpfe, Stöckel- schuhe und andere (zu dieser Zeit üblicherweise) einengende Kleidungsstücke in eine Abfalltonne warfen. Ob es dann tatsächlich ein Feuer gab, ist unklar. Aber der Mythos der Verbrennaktion war schnell geboren: in ironischer Umkehrung wurden nicht mehr aufmüpfige Frauen als Hexen verbrannt, sondern verbrannten die "Hexen" jetzt selbst die Symbole ihrer Unterdrückung. Wohin sollte das alles bloß führen? :))
Auf meinem Lieblingsfoto tragen Frauen Schilder mit einer Aufforderung,
die bis heute aktuell geblieben ist: Let's judge ourselves as people. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Freitag, 10. Februar 2012
Spitzen
Immer wenn ich bei meiner Haus- und Hofdealerin in der Spitzenkammer stehe, muss ich meinen Geldbeutel mit Gewalt in der Tasche halten. Zu verlockend ertönt der Sirenengesang: greif mich an, kombinier mich, nimm mich mit.
Speziell Tüllspitzen haben es mir angetan mit ihrer Zartheit und den oft barocken Mustern ihrer Stickerei. Wenn der Tüll kräftig genug ist, können damit sogar ungefütterte Cups genäht werden. Ungemein sexy.
Kennt jemand einen weiblicheren Stoff? OK, vor 400 Jahren waren Spitzen auf Krägen für Männlein und Weiblein zu finden, aber heutezutage trägt sowas unter Männern nurmehr Austin Powers. Sogar Elton John hat ihnen mittlerweile abgeschworen.
Spitzen sind also was für Frauen. Aber auch da nurmehr in wenigen Bereichen. Hand aufs Herz: wann habt Ihr das letzte Mal eine Spitzenbluse getragen? Mein letztes Mal war während der 1970er Jahre. Flohmärkte, Ibiza-Mode und die Zeitschrift "100 idées", die mich vom Landleben in der Provence träumen ließ.... (Damals versuchte ich mich auch an dieser Dachrinnen-Fönfrisur aus "Drei Engel für Charlie". Kreisch!)
Abgesehen von Abendkleidern bleiben also für Spitzen nur mehr wenige Verwendungsmöglichkeiten übrig: Vorhänge, Tischwäsche - und Dessous.
Da ich selber tagsüber einem sportlich-praktischen Kleidungsstil anhange, gönne ich mir sehr gern als Ausgleich ein üppig verziertes Darunter, das mir wohl niemand zutrauen würde. Macht nix: ICH habe meine Freude daran und es gibt mir ein gutes Gefühl, dieses Geheimnis zu hüten, von dem nur ich und ein ausgesuchtes Paar Augen wissen.
Als Japan-Fan und Ikebana-Aficionada erinnert mich das an das Prinzip der versteckten Schönheit. Es ist durchaus üblich, dass Japanerinnen für den Futterstoff eines Kimono Tausende Dollar ausgeben, obwohl der Betrachter vom Kimonofutter nur einen Rand erspähen kann. Wichtig ist, dass sich die Trägerin des Kimono des Schatzes bewusst ist, den sie unter ihrer Kleidung trägt.
Mit meinen Dessous versuche ich genau diesen Effekt hervorzurufen. Kein Wunder also, dass sich meine Spitzensammlung ständig vergrößert........
Speziell Tüllspitzen haben es mir angetan mit ihrer Zartheit und den oft barocken Mustern ihrer Stickerei. Wenn der Tüll kräftig genug ist, können damit sogar ungefütterte Cups genäht werden. Ungemein sexy.
Kennt jemand einen weiblicheren Stoff? OK, vor 400 Jahren waren Spitzen auf Krägen für Männlein und Weiblein zu finden, aber heutezutage trägt sowas unter Männern nurmehr Austin Powers. Sogar Elton John hat ihnen mittlerweile abgeschworen.
Spitzen sind also was für Frauen. Aber auch da nurmehr in wenigen Bereichen. Hand aufs Herz: wann habt Ihr das letzte Mal eine Spitzenbluse getragen? Mein letztes Mal war während der 1970er Jahre. Flohmärkte, Ibiza-Mode und die Zeitschrift "100 idées", die mich vom Landleben in der Provence träumen ließ.... (Damals versuchte ich mich auch an dieser Dachrinnen-Fönfrisur aus "Drei Engel für Charlie". Kreisch!)
Abgesehen von Abendkleidern bleiben also für Spitzen nur mehr wenige Verwendungsmöglichkeiten übrig: Vorhänge, Tischwäsche - und Dessous.
Da ich selber tagsüber einem sportlich-praktischen Kleidungsstil anhange, gönne ich mir sehr gern als Ausgleich ein üppig verziertes Darunter, das mir wohl niemand zutrauen würde. Macht nix: ICH habe meine Freude daran und es gibt mir ein gutes Gefühl, dieses Geheimnis zu hüten, von dem nur ich und ein ausgesuchtes Paar Augen wissen.
Als Japan-Fan und Ikebana-Aficionada erinnert mich das an das Prinzip der versteckten Schönheit. Es ist durchaus üblich, dass Japanerinnen für den Futterstoff eines Kimono Tausende Dollar ausgeben, obwohl der Betrachter vom Kimonofutter nur einen Rand erspähen kann. Wichtig ist, dass sich die Trägerin des Kimono des Schatzes bewusst ist, den sie unter ihrer Kleidung trägt.
Mit meinen Dessous versuche ich genau diesen Effekt hervorzurufen. Kein Wunder also, dass sich meine Spitzensammlung ständig vergrößert........
Montag, 2. Januar 2012
Körpertypen
Sie hätte meine Kunst, ehrlich gesagt, nicht benötigt: die Venus von Milo. Dieser Glücklichen wären all die wunderbaren Marken offen gestanden, die uns Normalsterblichen verschlossen sind, weil sie für einen sehr eingeschränkten Größenbereich produzieren: Aubade, La Perla und vor allem Agent Provocateur, meine großen Vorbilder.
Wer aber das Pech hat, wie Artemisia Gentilleschis Danae auszusehen, für diejenige sind Probleme beim BH-Kauf vorprogrammiert. Zwar passen die Körbchen der Industrie-BHs einzeln genommen, aber sie sind zu eng aneinander platziert. Zwischen den Mädels wird zu wenig Platz gelassen und die Bügel bohren sich daher ins Brustgewebe.
Albrecht Dürers Eva hingegen könnte durchaus Industrie-BHs tragen - solange sie sich nicht bewegt. Schon bei ganz alltäglichen Bewegungen werden ihr allerdings die Träger von den abfallenden Schultern sehr schnell herunterrutschen, weshalb für sie die Trägerführung geändert werden muss.
Die Anatomie der Karyatiden aus dem Großen Musikvereinssaal in Wien dürfte zwar der Fantasie des Bildhauers entsprungen sein, kann aber heutezutage mittels Brustimplantaten durchaus Realität werden (auf der Homepage des Musikvereins in einer noch besseren Perspektive zu sehen). Körbchen D oder größer und sehr hoch sitzende Brustpitzen? Kein Thema für die Industrie.
Schließlich Artemisisa Gentilleschi höchstpersönlich. Ein wunderbar voller Busen. der hier von einem Schnürleibchen oder Korsett gestützt wird. Aber wer trägt schon im Alltag Korsett? Größere Bequemlichkeit gibt ein BH, und seine Erfindung wurde auch tatsächlich als gesundheitlich und gesellschaftliche Befreiung gefeiert. Ab Größe 90 und Cup D schaut es mit dem industriellen Angebot jedoch traurig aus.
Ich muss es daher ganz deutlich aussprechen: die Industrie fabriziert ganz wunderbare Dessous für Frauen mit idealisierten Körpern. Aber wer es wagt, von diesem Ideal abzuweichen, hat zur Strafe meistens nur mehr die Wahl zwischen zwickenden, langweiligen oder hässlichen BHs.
Zeit also umzudenken. Nicht der Körper muss der Kleidung angepasst werden (wie von Elsa Schiaparelli gefordert), sondern die Kleidung dem Körper. Zeit also für Maßkleidung und Dessous nach Maß.
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