Donnerstag, 19. Juli 2012

Mein ästhetisches Geheimnis: Ikebana

LeserInnen des Blogs und BesucherInnen meiner Homepage ahnten es wohl bereits, dass ich eine Liebhaberin klassischer Kunst bin. Ich gebe es gerne zu. Ich liebe europäische Kunst und fröne darüberhinaus einem seltenen Hobby, das meine Ästhetik und Geistesdisziplin enorm beeinflusst: ich übe Ikebana.
Genauer gesagt Ikenobô-Ikebana, die älteste, traditionsreichste und in Japan renommierteste Richtung des Ikebana. (Tragen Sie in Japan einmal Ihre Einkäufe in einem Ikenobô-Sackerl spazieren und Sie werden sich wundern, wieviele bewundernde Verbeugungen und eingesogene "Ohh"s Sie dafür ernten, auch als NichtjapanerIn......)
Ikebana-Arrangements unterscheiden sich wesentlich von europäischer Floristik. Symmetrie Marke "ein Blumenstrauß für die Kanzlerin" ist verpönt, man kommt mit viel weniger Material aus, lässt den freien Raum wirken und arrangiert die Pflanzen gemäß ihrer Natur. So werden sie "zur schönsten/lebendigen Gestalt" gebracht.
Zwar gibt es genaue Regeln, wie z.B. ein Denka-Shôka mit Aspidistra auszusehen hat, aber da das Blumenmaterial jedes Mal ein wenig anders gewachsen ist, werden die Regeln immer so weit adaptiert, dass das Arrangement harmonisch wirkt. Mir gelingt dies am besten, wenn ich mich beim Arrangieren in die Blumen hineinversetze und fast intuitiv handle. Meine japanische Lehrerin, Prof. Shûsui Pointner-Komoda, pflegt das so zu formulieren: "Sind die Blumen glücklich? Freuen sie sich?"
Dieses Prinzip des Sich-Hineinversetzens in das Material und des "Innenhaltens im richtigen Moment" (shibumi) ist mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen, sodass ich es auch bei der Kreation meiner Lingerie anwende. Wieviel muss ich wo dazugeben, dass der Gesamteindruck weder langweilig noch überladen wird? Welche Farbenkombinationen wirken gut mit dem Hautton der Kundin? Wie spricht das Material zu mir? Und wenn eine Kreation gelungen ist, erhalte ich dieselbe Bestätigung wie bei einem gelungenen Arrangement: einen ruhigen und friedvollen Geist.


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