Als Arnold Schönberg 1911 seine Harmonielehre
veröffentlichte, begann er das Vorwort mit dem berühmten Satz:
"Dieses Buch habe ich von meinen Schülern gelernt." Dann erzählt er, dass er oft genötigt war, "für jeden
Schüler etwas Neues zu erfinden."
Tauschen Sie das Wort "Schüler" gegen "Kundin" aus, und Sie
beschreiben meine Arbeitssituation. Keine Kundin gleicht einer anderen und oft sind die Fälle die schwierigsten, die man anfänglich als leicht einschätzt.
Nehmen wir Frau S., deren Anatomie mich an eine Freundin erinnerte. Für sie probierte ich verschiedene Techniken aus, um ihre Oberweite zu vergrößern. Zunächst hoben wir alles an, aber der Unterschied zu einem normalen BH war trotz eingelegter Pushup-Kissen nicht besonders bemerkenswert. Dann schneiderte ich ihr ein aus mehreren Teilen zusammengesetztes Schaumstoffkörbchen, aber die in diesem Material besonders tief liegenden Nähte waren in der Oberkleidung zu sehen. Schließlich nahm ich das am besten sitzende Industrie-Schaumstoffkörbchen und polsterte es innen noch ein wenig aus. Das Ergebnis war diesmal sehr, sehr gut.
ABER es dauerte eine EWIGKEIT, diese BHs zu nähen. Genauer gesagt saß
ich exakt fünf Mal so lange an der Nähmaschine, wie für einen BH ohne
Schaumstoff, und das Nahtbild entspricht trotzdem nicht meinem üblichen
Niveau.
Ich verbuche diese Erfahrung daher als "Lehrgeld" und weiß jetzt, dass ich so ein Projekt nie mehr ohne eine industrielle Spezialmaschine angehen möchte.