Samstag, 15. September 2012

Die Weisheit der Tradition

Es fasziniert mich immer wieder, wie verschieden sich Mode in den diversen Gegenden der Welt entwickelt hat, und wie sie die spezifische Schönheit der regionalen Körpertypen hervorhebt.
Versuchen Sie als Mitteleuropäerin einmal, einen echten Kimono zu tragen. Grauenhaft! Die Proportionen passen einfach nicht, weil Sie für dieses Kleidungsstück zuviel Busen und zu lange Beine haben. Außerdem werden die vornehmen Kimonofarben Sie nur blass machen. Japanerinnen dagegen sehen darin hinreißend aus.
Europas traditionelle Frauenkleidung besteht aus einem anliegenden Brustmieder, mit oder ohne Ärmel, kombiniert mit einem darunter getragenen Hemd und einem weiten Rock, der sowohl Bewegungsfreiheit gibt, als auch den kurvigen Körperbau der Europäerinnen betont.
Abbildungen davon gibt es seit dem Hochmittelalter und sie hat sich in der Tracht, Retromode, Abend- und Hochzeitskleidung bis in die Gegenwart erhalten. Nur in der Businesskleidung macht man einen Bogen darum, weil die Geschäftswelt noch immer männlich konnotiert ist.
Aber sehen wir uns mal einige Oberteile von erneuerten Trachten an (das sind Trachten, die auf historischen Vorbildern beruhen) und lernen wir von deren optischen Tricks. Wo schauen Sie bei den folgenden Modellen hin?



Wetten, beim linken Bild wandert Ihr Blick von oben nach unten und zurück, während er beim rechten Bild an der Halslinie fixiert wird.
Welches Modell wird bei Ihnen besser wohl aussehen, wenn Sie viel Busen haben? Richtig: das linke. Es teilt den Oberteil optisch in zwei schlanke Hälften, während rechts eine breite unstrukturierte Fläche entsteht.
Und wie wird Ihr Blick bei den nächsten beiden Bildern geleitet?


Das linke Oberteil streckt, während das rechte mehr die Querlinien betont. Wenn Sie also einen langen Oberkörper haben, sollten Sie zum rechten Modell greifen, während Sie mit dem linken Modell eine zierlichere Taille zaubern können.

Alle bisherigen Modelle entstehen durch einfache Flächenaufteilungen des links und rechts stehenden Grundschnitts.

Wenn das Leibchen unter dem Busen eng anliegt, kann man es sogar ohne BH tragen, denn es ist nichts anderes als die wichtigste Vorform desselben.

Wem das jedoch zu uninteressant ist, kann mit weiteren Schnittabwandlungen oder Verzierungen experimentieren.











Und wenn die Oberweite noch zusätzliche Centimeter kriegen soll, wird gefältelt und gezogen, dass es eine Freude ist.




 



Ist es nicht bemerkenswert, welche Detailvielfalt sich hier auftut? Da kann sich jede Frau genau jene Kleidungsstücke zusammenbasteln (lassen), die ihre Vorzüge am besten unterstreichen.

Bildnachweis:
SW-Zeichnungen aus "Steirische Frauentrachten" hrsg. Steirisches Heimatwerk. Graz, 1977.
Farbzeichnungen aus "Volkstracht in Niederösterreich. Bildmappe" hrsg. Niederösterreichisches Bildungs- und Heimatwerk. Wien, 1985.








Freitag, 14. September 2012

Designer und Oberweite

Bei einer meiner regelmäßigen Amazon-Recherchen zum Thema BH stieß ich auf das "Bra Book" von Jene' Luciani und Ann Deal und nutzte den "look inside". Im Vorwort der "anderen" Beverly Johnson (jenem legendären 1970er Jahre Fotomodell, nicht der Autorin des "Bra Makers' Manuals") fand sich folgendes interessante Zitat:  "I once overheard a designer say about another model: "Oh, she has these horrible breasts. They are messing up my design; I can't hire her with those big things!""
Liebe Designer! Frauen sind keine Knaben, sondern haben Kurven: Busen, Hüften, Hintern, Schenkel und oft auch Bauch. Wir sind so gebaut. Models, die trotz 1 Meter 80 Körperlänge nur 50 Kilo auf die Waage bringen, sind die Ausnahme unter den Weiben.


Wenn Ihr nur solche Entwürfe zustande bringt, die auf einer überlangen Größe 34 oder 36 gut aussehen, dann ist das ein Zeichen von mangelndem Können und/oder Frauenfeindlichkeit.
Liebe Modeunternehmer! Engagiert mehr weibliche Designer, die ihren Körper lieben und eine schwesterliche Verbundenheit mit allen anderen Frauen empfinden. Nur sie wissen, wie es sich in ihren Entwürfen lebt.
Und liebe Frauen! Kauft nurmehr solche Sachen, die Euch stehen und passen. Oder besser: werdet Kundin eines Maßsalons. Dort kosten die Sachen zwar viel mehr als das Durchschnittszeug von der Stange, aber sie sind es definitiv wert.